Die Monster in der Nacht

So langsam wird das Thema auch eines von uns. Lange Zeit ging es gut, aber seitdem Hanna alleine schläft, kommen nachts immer mehr Monster zu Besuch. Monster, die wir so gar nicht gebrauchen können. Da ist alles dabei. Grizzlybären, Schlangen, Wölfe, Feuerameisen, Räuber, Verbrecher, Außerirdische und viele mehr, die Hanna das Einschlafen erschweren.

Luis fürchtet sich vor allem tagsüber, wenn er alleine irgendwo im Haus hingehen soll. Er braucht stets Begleitung.

Unsere täglichen Rituale helfen den Kindern nur bedingt. Solange sie allerdings alle bei mir im großen Bett schlafen, ist alles okay. Das geht nun aber nicht immer, also habe ich mir einiges überlegt, um es Hanna und Luis etwas leichter zu machen. Henri hat da zum Glück noch eine riesengroße Portion Vertrauen.

1. Wir schließen gemeinsam ab. Ganz bewusst öffnen wir die Tür und flüstern in die Nacht, dass nun alle ungebetenen Gäste draußen bleiben dürfen. Dann schließen wir die Haustür zu.

2. Beim Insbettbringen sage ich laut einige Glaubenssätze gemeinsam mit den Kindern: „Ich bin beschützt.“ „Ich bin geborgen.“ „Ich habe einen schönen Traum.“ Auch das stärkt ihr Bewusstsein für die guten Dinge.

3. Wir nutzen das Monsterspray von Aetherio (Werbung), um alles zu schützen. Wir sprühen in jede Ecke und unter jedes Bett. Das vertreibt alle Monster. Gleichzeitig wirkt Lavendel beruhigend und Mandarine schmeichelt süß der Kindernase. Das lässt die Kinder auch nochmal entspannen.

4. Hanna hört zum Einschlafen ein Hörbuch einer starken Mädelsbande. Das findet sie cool und macht sie stark.

5. Zusätzlich hat sie neuerdings ein kleines Nachtlicht, welches ihr hilft, sich zu orientieren. In den letzten 5 Jahren war jegliches Licht eher hinderlich. So schnell ändert sich das.

6. Bei den Jungs bleibe ich zur Einschlafbegleitung dabei, weil mich Henri noch braucht.

7. Tagsüber begleite ich Luis einfach immer überall hin, wenn er wohin möchte, wo er dann alleine wäre. Ich glaube, das ist die entspannteste Variante und diese Phase geht vorbei.

Und bei alle dem ist es mir ein Herzensanliegen, dass ich meine Kinder ernst nehme und nicht auch nur einen Moment beschwichtige oder klein mache. Nein. Sie leben in ihrer Gedankenwelt und ich kann sie nur dann vertrauensvoll stärken, wenn ich sie ehrlich begleite. Nach jeder Vertreibungsaktion frage ich sie, ob es jetzt gut so ist. Wenn nicht, mache ich solange weiter, bis es stimmig für sie ist und sie das Monster nicht mehr sehen.

Auch Fragen beantworte ich offen und ehrlich. Luis fragt mich oft, was ich denn mache, wenn der Räuber zur Tür, zum Fenster, übers Dach oder durchs Schlüsselloch kommt. Daraufhin antworte ich kindlich verständlich mit Hilfe seiner Erinnerung: „Kannst du dich erinnern? Wir haben zugeschlossen.“ „Komm, wir schauen gemeinsam, ob alle Fester zu sind.“ „Der Räuber ist mindestens so groß wie ich und ich passe nicht durchs Schlüsselloch. Schau. (Quetsch, drück, press.)“ 🙂 niemals lächerlich, sondern immer geradlinig mit einer Brise Humor.

Jedes Monster wird hier freundlich ausgeladen oder eben einfach nur mit Monsterspray weggekitzelt. Es werden unsichtbare Schutzwände errichtet und Fenster und Türen verriegelt. Und ganz im Kern, in ihren Herzen, wissen sie, dass ich sie beschütze, was auch immer kommt. Ich geb mein bestes.

Die Positionen im Geschwisterverbund

Schon lange liegt mir ein Thema auf der Seele. Die ganze Zeit habe ich es vor mir her geschoben. Allein deshalb, weil ich mich der Thematik nicht stellen wollte. Weil ich einfach noch nicht bereit war, da hinzuschauen, wo es mir am allermeisten weh tut.

Dafür müsst ihr wissen, dass ich ein gerechtigkeitsliebender Mensch bin und mir Harmonie sehr sehr wichtig im Alltag ist. Ungern lasse ich einen Streit im Raum stehen oder bin nachtragend. Nein, ich versöhne mich gern und ich verzeihe gern.

Nun gut. Nun zum eigentlichen Thema.

Als ich vor mehr als fünf Jahren Mama von Zwillingen wurde, wurde mein Gerechtigkeitssinn auf die Probe gestellt. So schaute ich, dass ich immer allen beiden gleiches zukommen lies. Ich zog sie gleich an, damit niemand kälter oder wärmer als der andere angezogen ist. Ich küsste beide immer gleich viel, damit jeder am Ende des Tages gleich viele Küsschen hatte.

Als sie älter wurden, merkte ich mir, wer wann zu erst dran war, nur allein deshalb, damit der andere beim nächsten Mal der Erste ist.

Irgendwann, als Henri auf die Welt kam, konnte ich nicht mehr. Ich konnte es mir weder merken, noch wollte ich es, weil ich eine Ahnung hatte, dass mich diese Gerechtigkeit begann aufzufressen. Ich konnte es nicht mehr steuern. Alles verschwamm.

Noch dazu kam, dass sich Luis immer durchsetzte. In seiner körperlichen Stärke, in seiner Lautstärke und in seinem Sein. Da hielt ich dagegen, weil ich immer dachte, dass das so nicht sein darf. Es kann doch nicht sein, dass es immer nur nach seinem Willen geht bzw dass er meist der Anführer der Truppe ist.

Und genau DAS war mein Problem. Ich hing in mir fest. Ich konnte dort nicht los lassen. Vielleicht, weil ich immer Einzelkind war und mich genau dieser Thematik nie stellen musste. Ich habe nicht erlebt, wie Geschwister miteinander groß werden. Ich habe diesen Verbund nie gefühlt.

Und dann kam mir diese Frage in den Kopf: Warum um himmels Willen maße ich mir dann an, den Richter der drei zu spielen? Warum?

Und vor allem, wem ist damit geholfen?

Ein einfaches Beispiel: alle drei streiten sich um eine Sache.

Warum gehe ich dort dazwischen und richte darüber, wer diese Sache nun bekommt? Mache ich es für mich, damit endlich Ruhe ist, weil ich das Gestreite nicht aushalten kann. Oder helfe ich damit den Kindern? Aber welchem Kind? Doch nur dem Kind, der die heißgeliebte Sache am Ende in der Hand hält. Und die anderen zwei? Sind doch auch meine Herzenskinder. Warum behandle ICH sie unfair, nur weil ich jetzt glaube, dass der andere diese Sache „verdient“ hat?

Aber wie konnte die Lösung aussehen? Wie komme ich aus dieser Schleife wieder heraus? So sind doch viele Verhaltensweisen auch in mir verankert.

LUIS war es, der mich hinaus führte aus diesem Dilemma. Er stand neben mir und während ich ihn von der Seite anschaute, fragte ich mich, warum ich ihm und auch den anderen zwei nicht einfach vertraute. Warum ich sie nicht einfach über sich selbst entscheiden ließ und sie auf diesem Weg lediglich neutral begleitete. Ich bräuchte doch eigentlich nur beobachten UND die Kinder in ihrer Konstellation akzeptieren. So ist Luis nun mal der Älteste, wenn auch nur mit 9 Minuten Unterschied zu seiner Schwester. Aber immerhin. Er ist der Erstgeborene und er hat auch das Recht dazu. Auch jetzt im Alltag. Also fing ich an, die Kinder auch so gewähren zu lassen. In ihrer Reihenfolge.

Ein zusätzlicher Impuls kam dann vor kurzem von meiner Freundin, die mich bzgl der Tischordnung auf den entscheidenden Gedanken brachte. Wir sitzen falsch. So nahm Luis lange Zeit meine Position ein und ich saß auf der, des jüngsten Kindes. Als ich das dann änderte, fühlte es sich wie von allein völlig richtig an und es war gut so.

Es werden sicherlich noch einige Änderungen in der Zukunft erfolgen, die den Kindern die Chance geben, sich in ihrer Position richtig zu fühlen. So wird auch Luis irgendwann sein eigenes Zimmer bekommen.

Was ich mit dem Text sagen und ausdrücken möchte: kämpft nicht gegen die Reihenfolge eurer Kinder an. Nehmt wahr, wie es ist und gebt dem Raum. So fühlen sich alle in ihrer Position gesehen, die sie sich selbst ausgesucht haben. Nur so könnt ihr zu mehr Frieden in eurer Familie beitragen und nur so kann es ruhiger werden. Jeder hat seine Rolle und jeder darf sie leben. Jeder wird als das gesehen, was er ist.